Risiko
Es wird spannend. Selten bin ich so risikobereit bei der Einreise in ein Land gewesen, wie bei Kuba. Ich warte bis zum letzten Moment um die Touristenkarte, aka Visum, zu kaufen und werde es wirklich erst am Flughafen versuchen. Auf den Kauf eines Rückflugtickets verzichte ich ebenfalls. Zum einen weiß ich nicht, wie lange ich in Kuba bleiben möchte, zum anderen habe ich keine Ahnung, wo ich anschließend hinfahre.
Visum am Flughafen kaufen
Mein Plan geht immerhin zu 50% auf. Das Visum erhalte ich am Flughafen allerdings erst nachdem ich ein Rückflugticket gekauft habe. Die Argumentation, dass ich laut Auskunft der Uni in Havana keins benötige, weil ich ein Studentenvisum erhalte, interessiert die Check-In-Frau nicht. Ich muss eins kaufen – ich könne das Ticket später ja ändern, „kostet auch nur 50 oder 100 Dollar“. Ich habe keine Wahl…wenig amüsiert reiche ich das Geld über den Tresen. Faszinierend und störend zugleich ist die Multi-Tasking-Fähigkeit der Check-In-Frau – eine halbe Stunde dauert die Bearbeitung meines Falles, weil sie parallel fünf weitere Personen betreut. Ich habe meine Lektion gelernt: Risikobereitschaft ist teuer.
Weiter geht es zur Sicherheitskontrolle, zur Immigration und dann zum Abfluggate. Boarding ist 12:30 Uhr, Abflug 13:30 Uhr, anderthalb Stunden Flug – ich sollte gegen 17 Uhr in meiner neuen Unterkunft sein, im Casa Cary, und dann ausreichend Zeit haben, um mir den Weg zur Uni in Havana anzusehen.
Gegen 13 Uhr hat das Boarding immernoch nicht begonnen und auf der Abflugtafel am Gate steht nicht mehr Havana, sondern New York. Von der Airline ist niemand in Sicht, dafür steht eine neue Abflugzeit an den Infotafeln: 16:30 Uhr. Mehr warten. Hauptsache wir fliegen.
Sandwiches sind kein gutes Zeichen
Um 16 Uhr, es ist kein Flugzeug zu sehen, beginnen die Cubana-Mitarbeiter Getränke und Sandwiches zu verteilen. Das ist kein gutes Zeichen. Noch mehr warten? Nein, kurze Zeit später versammeln sich alle am Gate und es geht los. Warum aber scannt keiner die Boardingpässe? Ich folge der Menge – nur eben nicht ins Flugzeug sondern zurück zur Immigration. Der Flug ist gecancelt, wahrscheinlich geht es am Folgetag weiter. Keiner kann eine genaue Auskunft geben. Die Ansage ist: Das muss der Chef entscheiden. Alle zurück zum Check-In. Wieder Anstehen. Mein Blick fällt auf die Absperrbänder. Hier hat jemand viel Humor gehabt: „Always an adventure. No matter what.“ und „You’re practically, basically almost there.“ Immer ein Abenteuer und ich bin praktisch, eigentlich fast da. Aber eben nur eigentlich fast.
Dieses Mal notiert die Check-In-Frau die Namen in 10er-Gruppen auf einem Zettel, irgendjemand von den Passagieren erhält den Zettel und soll mit der Gruppe zum Bus gehen, der uns in ein Hotel fährt. Das Gepäck bleibt im Flughafen, ich habe nur, was ich gerade an mir trage und das ist nicht viel. Dafür gibt es einen Blick auf den Sonnenuntergang vorm Flughafen.
All Inclusive in Boca Chica
Im Hotel ist wieder anstehen (noch weiß ich nicht, dass das in Kuba einen großen Teil der Zeit aller einnimmt), Check-In, grünes Bändchen an den Arm, alles inklusive. Mittlerweile ist es 18.30 Uhr und weiterhin weiß keiner etwas, auch nicht der zweite Offizier, der neben mir eincheckt. Ich muss lachen, als ich ihn sehe – klar hat die Crew dasselbe Schicksal und steckt auch hier fest. Ich lache nicht mehr so viel als mich der schon etwas ältere Herr fragt, in welchem Zimmer ich wohne. Ich nuschele die ersten zwei Zahlen, die zweiten spreche ich nicht aus. Er fragt aber nach und greift nach meiner Karte, auf der die Nummer notiert ist. Meine Tür wird heut Nacht mehrfach verriegelt.
Es bleibt dabei: Morgen früh an der Rezeption nachfragen. Es geht morgen weiter, oder auch nicht. Für einige Mitreisende ist das nicht das erste Mal. Läuft wohl nicht so gut mit den Tupolevs….Nikolaus hat sich wirklich was Schönes ausgedacht in diesem Jahr. Statt mir Havana anzusehen, verbringe ich meinen ersten Nachmittag in Kuba am Flughafen von Santo Domingo und den Abend in einem All-Inklusive-Touristenbunker in Boca Chica mit traumhaften Strand, in einem riesigen Zimmer mit Balkon, zwei Doppelbetten und einer Besenkammer. Auf dem Dinner-Plan steht „Chinesisches Buffet“ und in diversen Bars gibt es Programm. Ich springe noch schnell auf ein Moto-Taxi, lasse mich durch die milde Nachtluft zum Laden fahren, denn zumindest eine Zahnbürste und Zahnpasta hätte ich gern. Der Verkäufer greift zielgerichtet zu den Minituben – kennt er wohl auch schon.
Neuer Tag, neues Glück
Am nächsten Morgen steht auf der Rezeption ein Schild: Cubana – Abfahrt 9 Uhr. Zwei Stunden später bin ich wieder am Flughafen. Der Frau vom Vortag fällt wieder der Koffer um, die Dränglerin von gestern ist heut nicht erste in der Schlange. Man erkennt die Leute an derselben Kleidung vom Vortag wieder. Glücklich sind die, die nur mit Carry-on reisen und Wechselkleidung haben. Vielleicht riechen heute alle etwas strenger. Sonst hat sich kaum etwas geändert und die Stimmung ist weiterhin erstaunlich entspannt.
Laut Boardingpass geht es 10 Uhr los, mittlerweile ist es 10:30 Uhr und kein Flugzeug zu sehen. An der Infotafel wurde die Abflugzeit auf 12 Uhr geändert. Der
Ich hoffe inständig, dass es gleich los geht und ich in den Spanischkurs einen Tag verspätet einsteigen kann. Laut Angaben auf der Homepage gibt es nur diesen einen Montag pro Monat, den ich im Flugzeug verbringe, an dem es möglich ist.
Vamos a ver. Wir werden sehen.
[…] Ein gültiges Rückflugticket Alle Airlines sind verpflichtet, das Rückflugticket zu prüfen. Wenn du keines hast, wirst du es spätestens am Abflug-Flughafen kaufen müssen oder die Airline wird dich im schlimmsten Fall nicht mitnehmen. Wie wichtig das Rückflug- oder Weiterflugticket ist, habe ich selbst gemerkt, als ich am Abflughafen ein Ticket für die Weiterreise kaufen musste, denn sonst hätte mich die Airline nicht einsteigen lassen. Wie das genau war, steht in dem Beitrag „Warum mein erster Tag in Kuba am Flughafen der Dominikanischen Republik stattfindet„. […]