Marley für alle
Gibt es jemanden auf der Welt, der kein Lied von Bob Marley kennt oder schon mal eins gehört hat? Irgendwann hatte jeder eine Phase, in der er oder sie Bob Marley hörte. Ich auch. Meine Lieblingslieder waren und sind „Stir it up“ und „Three little birds“. Bob Marley war cool, Rastas waren cool, Reggae war cool. Er war gegen etwas, als Teenager ist man auch immer gegen irgendetwas. Viel mehr wusste ich nicht, bis vor ein paar Tagen.
Nachdem ich in seinem Heimatland war, Orte aus seinen verschiedenen Lebensphasen bereist habe, verstehe ich, was Robert Nesta Marley bewirkt hat, was er in gut 20 Jahren von 1961 bis 1981, unter schwierigsten Bedingungen, in einem unruhigen Land geschaffen hat. Und ich verstehe es besser, weil ich den Kontext gesehen habe, in Form der fröhlich energiegeladenen Jamaikanerinnen und Jamaikaner, der staubigen Straßen von Trenchtown und der simpelsten Lebensbedingungen, der Armut.
Fangirl
Und ich glaube ich werde zum Bob Marley Fangirl. Meine Kurzreise ist bestimmt von Marley-Destinationen. Zuerst das Haus, in dem er in Kingston lebte, dann Nine Mile, der Ort an dem er geboren wurde und wo er zur Ruhe liegt, und als letztes Trenchtown, wo er vom Kind zum Erwachsenen und Musiker wurde. Zwischendurch die berührende Dokumentation „Marley“, frisch fasziniert von frühen Wailers-Liedern und viele neue Einsichten. Schon gewusst, dass…
- sein Vater Engländer ist?
- er mindestens 12 Kinder hat?
- eine Beziehung mit Miss World Jamaika hatte, zusätzlich zu seiner Ehe?
- er sein größtes Konzert in Italien vor 156.000 Zuschauern spielte?
- das Lied „3 Little Birds“ sich auf die I Three, die Back-Up Sängerinnen bezieht, von denen eine seine Frau Rita ist?
- er als Adam Marley vermarktet werden sollte? Und abgelehnt hat.
- er angeschossen wurde und trotzdem ein paar Tage später auf der Bühne stand, mit einer Kugel im Arm?
- die letzten 5 Monate seines Lebens in einer Klinik in Deutschland verbrachte und letztlich in Miami starb?
- er nur 36 Jahre alt wurde?
Ich bin jetzt 37.
Bob Marley Museum
In der Hope Road 56 steht das Haus, in dem Bob Marley lebte und arbeitete. Es ist eine gute Nachbarschaft, in die er zog, als sich der Erfolg einstellte. Es war nicht nur ein Wohnhaus, es war ein lebendiger Treffpunkt für Freunde und Musiker.
Heute ist es ein Museum und für stolze 20 Dollar wird man mit einem Guide innerhalb von 90 Minuten durch die möbellosen Zimmer geführt, in denen man aufgrund von Copyright-Bestimmungen nicht fotografieren darf.
Es sind bis auf Musikstudio, Küche und Schlafzimmer Räume, deren Wände mit Goldenen Schallplatten oder Zeitungsartikeln zu Bob Marley bedeckt sind. In seinem Geburtshaus gilt das Copyright nicht.
Im Schallplattenzimmer bestimmt unser Guide, dass wir das Haus nicht verlassen können, ohne „One Love“ gesungen zu haben. So stehen 17 Touristen verwirrt nebeneinander und singen wie früher im Musikunterricht leise, schief und unterschiedlich textsicher die Marley-Hymne.
Möbellose Räume
Nur im Schlafzimmer stehen Möbel. Sein Bett, ein paar Instrumente und sein Nachttisch mit Bibel, in der noch etwas Ganja liegt. Dort, wo keine Zeitungsartikel die Wände verkleiden, hängen eingerahmte Kleidungsstücke. Ich lerne, das Bob’s Lieblingsoberteil sein Jeanshemd war. Überhaupt mochte er Jeans sehr gern. Und Fußball.
Nach zwei Gästezimmern, in einem ist ein kleiner Stand, an dem man CDs kaufen kann, dem Musikstudio, in dem zuletzt vor 3 Jahren Lauren Hill aufgenommen hat, dem Schlafzimmer und der Küche und der verschlossenen Tür zu Mutters Büro geht es über den Hof zur Rückseite des Hauses.
Georgie – make history come alive!
Auf dem Weg um das Haus zeigt unser Guide auf eine Bank im Schatten eines Baumes. Dort sitzt ein alter grauhaariger Rasta mit langen Dreads gemütlich und entspannt auf der Bank. Es ist Georgie, „No woman no cry’s“- Georgie who „make the fire lights“. Ich kann meinen Blick kaum abwenden. Wie gern würde ich mich neben ihn setzen und ihn Geschichten aus seinem Leben erzählen lassen. Aber die Tour geht weiter, vorbei an dem Mangobaum, unter dem eine berühmte Aufnahme von Marley entstanden ist, ins Shot-Zimmer.
Das hat nichts mit ’Kurzen’ zu tun. Es ist das Zimmer, in dem am 3. Dezember 1976 Marley, seine Frau Rita und Manager Don Tayler angeschossen wurden. In den Wänden sind die Einschusslöcher zu sehen, in einem Kurzfilm wird Marleys befragt, wer aus seiner Sicht verantwortlich war.
„He wants to ride his bicycle“
Der letzte Teil der Tour findet in einem Kinosaal statt, in dem eine Kurz-Doku gezeigt wird. Emotionale und bewegende Bilder. Anschließend durch den Souvenir-Shop zurück in die Freiheit.
Ich will zurück zur Bank, mich neben Georgie setzen. Auf dem kurzen Weg dorthin fährt mich fast ein Fahrradfahrer an – es ist Georgie, der das Gelände verlässt. Mir bleibt nur ein Foto unter dem Baum, unter dem Bob saß.
Trotz Kommerz, leerer Räume, trotz 20 Dollar Eintritt hat der Ort einen gewissen Zauber. Vielleicht wegen Georgie. Vielleicht wegen der kleinen Anekdoten, die unser Guide erzählt, die Marley lebendiger werden lassen.
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Teil 2: Nine Mile: Geburtsort und Ruhestätte
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