Mumford & Sons spielen. Als Headliner Samstagabend beim Lollapalooza-Festival in Berlin. Als Sahnehäubchen am Nachmittag gibt es dazu George Ezra – das muss ein guter Samstag werden. Wir fahren hin. Und Mensch: Haben sich die Konzertveranstalter was einfallen lassen!!!!
Tokio-Experience
Das erste Abenteuer gibt es gleich auf dem Hinweg in der S-Bahn gen Hoppegarten. Wie in Tokios U- und S-Bahnen presst sich Festivalbesucher an Festivalbesucher, so dicht, dass auch wirklich keiner umfallen kann. Die Sardinen-S-Bahn-Schlange rollt langsam durch die Stadt, so dass keinem Fahrgast kalt wird und die Vorfreude sich unendlich ausdehnt. Die Festivalbesucher, die an den Haltestellen entlang der Strecke warten, warten weiter, als sich unser Zug nach dem Halt wieder in Fahrt setzt, denn es gibt in Berlin keine professionellen tokiotischen S-Bahn-Stopfer.
Nach kuscheligen drölfzig Stopps kommen wir in Hoppegarten an. Um die Erleichterung über die Ankunft in vollen Zügen (was für ein Wortspiel) genießen zu können, bleibt uns ausreichend Zeit. Denn wir warten darauf, dass der Pulk der Menschen, der in der Bahn vor uns ankam, die Treppe hochsteigt, so dass auch wir die Stufen betreten und gemeinsam mit unseren hunderten Mitfahrern den Bahnsteig in Richtung Festivalgelände verlassen können.
Die letzten Regentropfen fallen auf uns alle herab und pünktlich, als wir unser Ticket gegen ein Festivalbändchen am Einlass eintauschen, stoppt der Regen. Ein paar Stunden früher gab es technische Probleme, die zu langen Wartezeiten führten – fast so wie in Kuba. Aber man kann ja nicht alles haben. Es bleibt bei der Tokio-Experience.
Wir verlassen mit unseren Mitfahrern in kurzer Zeit den Einlass und schwärmen auf das Festivalgelände zu den Glitzer-im-Gesicht-Mädchen, zu den großen Holzblumen, zu den ich-hab-die-verrückteste-Sonnenbrille-Menschen und zu den ich-hab-irgendwas-gebastelt-und-trage-es-herum-Leuten.
Kein Bier für Bares
Es ist nur logisch und richtig, dass wir als erstes zielstrebig einen Getränkestand ansteuern. Lolla hat sich hierfür einen Hindernisparcours einfallen lassen. Und der geht so:
Station 1: Zuerst ein paar Minuten am Bierstand anstehen und bei der Bestellung erfahren: Bier gibt es nicht gegen Bares. Bier – und alle anderen Getränke und Speisen – gibt es gegen Scan des aufgeladenen Chips am Festivalbändchen. Keine Ausnahmen. Alles digital. Der Chip ist nicht automatisch aufgeladen: Also Bier mit Umweg über die Cash-auf-Chip-Station.
Station 2: Cash-auf-Card-Stand suchen, anstehen und nach kurzer Zeit weggeschickt werden: Stromausfall. Kein Cash-auf-den-Chip. Kein Bier.
Station 3 im Parcours: Auf geht es zum nächsten Cash-Lade-Point, vorbei an einem Riesenrad, einer großen Steh-Wippe für gaaanz viele Glitzermädchen und so, sicherlich auch vorbei an Einhörnern. Nur eines sehen wir seit 20 Minuten nicht: Toiletten.
Die best-verstecktesten Dixies
Station 4: Der nächste Cashpoint hat Strom, kurze Schlangen und lädt auf die Karte, was man will – so lange es in 10er-Schritten ist. Lolla nimmt einen Euro für jede Beladung und überweist ab Mittwoch nach dem Wochenende die Restbeträge zurück, die man nicht ausgegeben hat. Vorausgesetzt, man fordert es über die Webseite an.
Da sich unsere Prioritäten von Bier holen zu Bier wegbringen verschoben haben, fällt uns und 70 anderen Leuten auf, dass zwei Dixies in der Nähe der Essens- und Getränkestände vergessen wurden.
Die anderen hundert sind weit weg jeweils neben den Bühnen aufgebaut, so dass die Festivalbesucher ein bisschen Oster-Feeling erleben: Wer lange sucht, der findet dann auch und braucht nicht lange warten. Die Quote stimmt.
Budapest, Barcelona – blame it on Lolla
Unsere Suche wird von dem bezaubernden George Ezra unterbrochen, der mit seiner tiefen Stimme und den fröhlichen Singer-Songwriter-Melodien Lächeln auf die Gesichter der tanzenden Festivalbesucher zaubert. Auch auf unsere.
Der 24jährige mit der besonderen Stimme ist ein bisschen James Dean ohne Lederjacke aber mit Pulli, ein bisschen Mom’s darling mit schuljungenhaftem Charme. Irgendjemand sagt, dass er eine Art unschuldiges sexy ist, wie das Elvis früher war. Das passt.
Ich bin auch ein bisschen verliebt und frage mich, von wem ich lieber ein Gute-Nacht-Lied hören würde. George Ezra oder Eddie Vedder? Ich kann die Entscheidung nicht treffen, denn damit das Konzert erinnerungswürdig bleibt, stellt Lolla mitten im letzten Lied -„Budapest“ – die Musik an den hinteren Lautsprechern für einige Sekunden aus. Das ist einfallsreich, denn auf die Idee ist noch keiner gekommen, ein richtiger Griff in „the hidden treasure chest“ – technische oder Soundschwierigkeiten will der Lolla ja keiner unterstellen.
[…] Teil 1 Lollapalooza Berlin: Die ultimativ positivste Kritik. Wirklich! […]